Im Tal von Elah | Film, Trailer, Kritik (2024)

    Im Tal von Elah | Film, Trailer, Kritik (1)
    • Kritik
    • Handlung

    Eine Filmkritik von Joachim Kurz

    Trouble in God’s own country

    Dass Amerika sich in den letzten Jahren durch den Irak-Krieg verändert hat, das bekommen nicht nur die Politiker zu spüren, die sich derzeit bei den „Primaries“ um die Unterstützung des Wahlvolks bemühen, sondern immer mehr auch der ganz normale Kinobesucher. Anscheinend möchte Hollywood dieses Mal nicht so lange zögern wie beim Vietnam-Krieg, der solch ein Trauma auslöste, dass die filmische Aufarbeitung erstaunlich lange auf sich warten ließ. Einige Filme sind bereits – mit mäßigen Erfolg – in den Kinos gelaufen wie etwa Robert Redfords eher geschwätziger Von Löwen und Lämmern / Lions for Lambs, andere Starts wie Brian DePalmas Redacted stehen noch bevor. Und nun also auch Paul Haggis. Der gefeierte Drehbuchautor (Million Dollar Baby) und Regisseur (L.A. Crash) widmet sich in seinem neuen Film ebenfalls dem Thema und liefert exakt das ab, was man von ihm erwarten durfte: gemäßigt kritisches und intelligent unterhaltendes Kino mit nachdenklichem Unterton.

    Im Tal von Elah / In the Valley of Elah ist ein Film, wie er aufrecht amerikanischer nicht sein könnte. Das zeigt sich bereits im Titel: Im Tal von Elah besiegte der zukünftige israelitische König David den Riesen Goliath mit seiner Steinschleuder, wie das Alte Testament (1. Buch Samuel, Kapitel 17) überliefert. Und das ist nicht der einzige biblische, bzw. christliche Bezug, auf den sich Haggis bezieht, der auch das Drehbuch zum Film verfasst hat. Im Mittelpunkt der Handlung steht das Motiv des verlorenen Sohnes, der von seinem Vater gesucht wird. Hank Deerfield (Tommy Lee Jones) heißt der Mann aus Tennessee, der sich nach einem beunruhigenden Anruf von der Militärbasis Fort Rudd in New Mexico auf den weiten Weg dorthin macht. Der Grund: Sein Sohn Mike (Jonathan Tucker), der gerade von seinem Einsatz im Irak-Krieg in die USA zurückgekehrt ist, ist spurlos verschwunden. Für die Eltern des jungen GIs wiederholt sich damit ein Trauma, vor einigen Jahren kam ihr älterer Sohn David ebenfalls als Soldat bei einem Helikopter-Absturz ums Leben. Mikes Kameraden in Fort Rudd wiegeln das Verschwinden ab, vermuten eine Frau hinter dem kleinen Ausflug und hüllen sich in Schweigen. Doch der Vietnam-Veteran und Soldat im Ruhestand gibt nicht auf und sucht nach Spuren für das, was mit Mike geschehen sein könnte. Mikes Handy mit verschiedenen Aufnahmen und Videos aus dem Irak liefert dabei erste Hinweise. Unterstützung erhält Hank einzig von der Polizistin Emily Sanders (Charlize Theron), die es in den von Männern beherrschten Sphären der Polizei und des Militärs nicht gerade einfach hat. Was das ungleiche Duo im Verlauf der Untersuchungen aufdeckt, wirft ein bezeichnendes Licht auf die scheinbare Ordnung und Disziplin der US-Army: Verbrechen, Drogen, Alkoholismus sind hier an der Tagesordnung. Auch Hanks Sohn ist in diesen Strudel geraten, was ihn schließlich das Leben kostete, so dass der Vater nun zwei Söhne im Krieg verloren hat.

    Paul Haggis inszeniert seine Kritik an den Folgen des Irak-Krieges dem ersten Augenschein nach als klassischen Krimi, an dessen Ende die Aufklärung des Mordes an Hank Deerfields Sohn Mike steht. Doch das allein ist einem ausgewiesenen liberalen und für amerikanische Verhältnisse politischen Filmemacher wie Haggis zu wenig. Sein Film ist zugleich auch die Zustandsbeschreibung eines Landes, dem seine moralischen Wertmaßstäbe abahnden gekommen sind, das seine jungen Soldaten ohne ausreichende Vorbereitung in einen brutalen Krieg schickt und sie anschließend mit ihren Problemen schmählich im Stich lässt. Gerade so, als habe man aus dem Vietnam-Fiasko nichts gelernt.

    Nicht nur Mikes Einheit, auch die gesamte amerikanische Nation hat mit den Folgen des Krieges zu kämpfen und läuft Gefahr, moralisch abzustumpfen. Dies ist die einfache Botschaft, die man aus Paul Haggis’ Film herauslesen kann, nein herauslesen muss. Leider geht Haggis dabei nicht immer subtil vor: Wenn am Anfang Tommy Lee Jones in seiner Heimatstadt einen Hausmeister böse zusammenfaltet, weil der das Sternenbanner verkehrt herum gehisst hat und – ganz der knurrige alte Haudegen – den Ärmsten darüber belehrt, dass das ein Notsignal sei, dann ahnt der kundige Zuschauer bereits, dass genau das am Ende eine Rolle spielen wird. Ähnlich offensichtlich ist zudem die Titel gebende Sequenz, in der Hank Emilys kleinem Sohn als Gutenachtgeschichte ausgerechnet die Geschichte von David und Goliath vorliest und sich gleich anschließend in der hohen Kunst der Bibelexegese versucht. Da fehlt eigentlich nur noch die patriotisch-kritische Hymne „Born in the USA“ des Rock’n’Roll-Gutmenschen Bruce Springsteen, um jedem klarzumachen, dass in Haggis’ und Deerfields Brust das wahre Herz des aufrichtigen, anständigen und enttäuschten Amerikas schlägt.

    Dank sorgsam ausgearbeiteter Charaktere, toller Darsteller (allen voran Tommy Lee Jones) und einer meist zurückhaltenden und souveränen Inszenierung dürfte Haggis den Nerv des breiten Publiku*ms treffen. Den Zeitgeist weiß der Regisseur wie in seinen vorherigen Filmen sowieso auf seiner Seite, da er genau weiß, was er seinem Publikum an Kritik zumuten kann, um als glaubwürdig und patriotisch zugleich zu gelten. Die große Abrechnung mit der Irak-Politik unter George W. Bush ist dieser Film nicht geworden, sondern „nur“ ein weiterer, wenngleich gewichtiger Baustein in der wahrscheinlich noch lange andauernden Auseinandersetzung Hollywoods um die Folgen der militärischen Intervention im Mittleren Osten.

    Dass Amerika sich in den letzten Jahren durch den Irak-Krieg verändert hat, das bekommen nicht nur die Politiker zu spüren, die sich derzeit bei den „Primaries“ um die Unterstützung des Wahlvolks bemühen, sondern immer mehr auch der ganz normale Kinobesucher.

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    Meinungen

    julia foux · 14.09.2010

    Herrn Kurz ist bei seiner oberflächlichen Filmkritik der Kern dieses Films entgangen, obwohl der Titel, wie ein Wink mit dem Zaunpfahl, darauf hinweist.
    'Heldenschmiede' sind ja unter anderem gerade Väter, die ihren Söhnen 'David und Goliath' als Gutenachtgeschichte erzählen. Und die unendliche Tragik ist, dass es ungebrochen weitergeht: Der kleine Sohn von Emily träumt von einer eigenen Steinschleuder und glaubt daran, dass man nur seine eigene Angst besiegen muss, um einen weitaus stärkeren Feind besiegen zu können.
    Die Zweifel der Mutter an der 'Wahrheit' dieser Legende ändert nichts in der von Männern dominierten Welt.
    Der patriotische Traum in einer Endlosschleife... Zurück bleiben völlig aus den Fugen geratene psychische Wracks, die Niemand versteht und denen niemand helfen kann.

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    hedi rubin · 04.03.2008

    ich habe den film gesehen und fand ihn sehr beeindruckend. die geschichte des patriotischen vaters,der den kampfeinsatz seines sohnes im irak unterstuetzt und der totalen ueberforderung seines sohnes, des eigentlich noch ein heranwachsender mannes, kam sehr gut zum ausdruck.
    die am ende stehende, zerrissene amerikanische flagge, zeigt auch den aufkommenden zweifel der aelteren patrioten.
    empfehlendswert
    hedi

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    FAQs

    Why was Mike killed in the Valley of Elah? ›

    Mike's burned and dismembered body (with 42 stab wounds) is discovered. Fort Rudd claims jurisdiction, believing that a pipe found under Mike's mattress and the recent arrest of other soldiers for smuggling heroin indicate his murder was drug related.

    Is In the Valley of Elah a good movie? ›

    Though some of Paul Haggis's themes are heavy-handed, In the Valley of Elah is otherwise an engrossing murder mystery and antiwar statement, featuring a mesmerizing performance from Tommy Lee Jones.

    What is the movie in the Valley of Elah about? ›

    Who is the Academy Award winning filmmaker that wrote directed and produced the film in the Valley of Elah? ›

    In 2007, Haggis wrote, directed, and produced "In the Valley of Elah." The film starred Tommy Lee Jones, Charlize Theron, and Susan Sarandon, and earned Jones a Best Actor Oscar nomination for his performance.

    Why did he shoot Mike? ›

    Intending to have Mike's associates killed in prison to protect his identity, Walt demands their names in exchange for the bag. Mike refuses and Walt shoots him with the gun from the go bag. After following a mortally wounded Mike to the edge of a river, Walt realizes he could have simply asked Lydia for the names.

    Where is the Valley of Elah today? ›

    The Valley of Elah (Valley of the Terebinth or Emek HaElah) stretches for about half a mile, southwest of Jerusalem. The fertile valley is covered with a patchwork of farmlands and pastures and flanked on both sides by stony hills covered in woodlands and brushwood.

    What is the meaning of Elah Valley? ›

    The Valley of Elah or Ella Valley ("the valley of the terebinth"; from the Hebrew: עמק האלה‎ Emek HaElah), called in Arabic: وادي السنط, Wadi es-Sunt, so-named from its Acacia albida trees, is a long, shallow valley in the Levant best known as the place described in the Hebrew Bible (or Old Testament of Christianity) ...

    What town did David fight Goliath? ›

    On a hilltop overlooking the Elah Valley, the setting of the famous battle in the Bible between David and Goliath, lie the ruins of a mysterious ancient city. This city, dating to around the time of King David, is known today as Khirbet Qeiyafa.

    What valley did David defeat Goliath? ›

    The Elah Valley and the Bible

    The battle between David and Goliath is presented in vivid detail in the first book of Samuel, chapter 17. The Elah valley was the very seam between Philistine and Judean lands, so whoever triumphs in this battle will reign over a strategic and fertile region.

    Who fought and killed Goliath in the Valley of Elah? ›

    The valley of Elah is the valley where the Israelities were encamped when David fought Goliath with a slingshot and some stones.

    What verses are the Valley of Elah? ›

    Bible Gateway 1 Samuel 17 :: NIV. Saul and the Israelites assembled and camped in the Valley of Elah and drew up their battle line to meet the Philistines. The Philistines occupied one hill and the Israelites another, with the valley between them.

    Which filmmaker won 3 Oscars? ›

    Frank Capra won thrice, for It Happened One Night (1934), Mr. Deeds Goes to Town (1936), & You Can't Take It with You (1938). John Ford won a record four times, for: The Informer (1935), The Grapes of Wrath (1940), How Green Was My Valley (1941), & The Quiet Man (1952).

    Who is the youngest filmmaker to win an Oscar? ›

    As of March 2024, the youngest directing Academy Award winner ever was Damien Chazelle. He won the Oscar in the Directing category for "La La Land" (2016) at the age of 32 years and 39 days.

    How much is Paul Haggis worth? ›

    Plaintiff attorney Ilann Maazel emphasized to the jury how Haggis has publicly “boasted” about hiding his significant assets, and estimated that the filmmaker has over $3 million stored in his personal bank accounts today. Haggis adamantly denied this, arguing that his total net worth is less than $500,000.

    Why is the Valley of Elah significant in the Bible? ›

    The Valley of Elah is best known as the scene of the Biblical battle between David and Goliath (Elah means terebinth, a tree commonly found in this area). The brook of Elah, which lies in the heart of the valley, is a seasonal creek that runs dry in the summer months.

    Who convinced Saul not to assassinate David? ›

    In 1 Samuel 19:1–17 we learn that Saul commanded his son Jonathan and all his servants to kill David. Jonathan, as a righteous friend, told David of his father's plans and persuaded Saul to promise not to kill David.

    What is the significance of the Valley of Elah in the Bible? ›

    The valley was of great strategic importance—a corridor from the coastline up through the center of Judah and its stronghold cities: Bethlehem, Hebron, and Jerusalem. It was also the setting for the epic biblical battle between David, the future King of Israel, and Goliath, a Philistine giant from Gath.

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    Author: Kerri Lueilwitz

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